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Die Feldenkrais-Methode® für spastisch behinderte Kinder - Anwendung

Die Anwendung der Feldenkrais-Methode® leitet bei spastisch behinderten Säuglingen und Kindern einen Lern- bzw. Umlernprozess ein, den Moshe Feldenkrais als organisches Lernen bezeichnet. In einem Experiment soll ein Verständnis dafür aufgebaut werden, was die spastische Behinderung für den Betroffenen bedeutet und wie sich die Anwendung der Feldenkrais-Methode® auswirkt. Am Beispiel der Funktion "Stehen" soll veranschaulicht werden, wie die Feldenkrais-Methode® konkret umgesetzt wird um den Lern- bzw. Umlernprozess einzuleiten und zu unterstützen.

"Organisches Lernen ist individuell und geht ohne einen Lehrer vor sich, der etwa in einer bestimmten Zeit zu bestimmten Ergebnissen gelangen möchte. Es dauert so lange, wie der Lernende beim Lernen bleibt.
Dieses organische Lernen ist langsam und kümmert sich nicht um die Bewertung (oder "Diagnose", P.D.) etwaiger Ergebnisse als gut oder schlecht. Es hat keinen erkennbaren Zweck, kein Ziel. Es wird einzig von dem Gefühl der Befriedigung gelenkt, das sich einstellt, wenn jeder neue Versuch als weniger ungeschickt empfunden wird als der vorangegangene, weil jetzt ein kleiner Fehler vermieden wurde, der zuvor als unangenehm oder als hinderlich empfunden worden war."

(Moshe Feldenkrais, Die Entdeckung des Selbstverständlichen, S. 59)

Das organische Lernen ist in den ersten Lebensjahren die überwiegende Lernfom. Ihr Ziel ist nicht das Anhäufen von abstraktem Wissen wie bspw. das Auswendiglernen von Daten und Fakten, sondern der Aufbau von Funktionen, also die Anpassung des Nervensystems, der Wahrnehmung und der motorischen Kontrolle um gewünschte Verhaltensmuster auszubilden, die das Überleben und die Entwicklung der Spezies und des Individuums zu sichern. Für den Aufbau von Funktionen benötigen verschiedene Menschen unterschiedlich lange. So lernen manche Kinder das Laufen oder Sprechen früher, andere Kinder später, einige Kinder benötigen weniger andere mehr Zeit dafür, ohne dass Anlass zur Sorge besteht. Spastisch behinderte Kinder benötigen vergleichsweise sehr viel länger und können das Ziel in der Regel nur mit Hilfe erreichen.

Die Hilfe, die die Feldenkrais-Methode® einem spastisch behinderten Kind bietet, beginnt dort, wo das Kind etwas immer noch mit Leichtigkeit ausführen kann, und sei dies auch nur atmen. Wie im Beispiel der Funktion "Stehen" dargestellt, werden die Funktionen (neu) aufgebaut. Auch beim Aufbau gilt das Prinzip der Leichtigkeit, so dass das Kind keinem zusätzlichen belastenden Stress ausgesetzt ist.

Luisa

Da der Aufbau der Funktionen den gleichen Prinzipien folgt wie der normale Entwicklungsprozess eines Säuglings oder Kleinkinds beispielsweise beim Laufenlernen gilt auch entsprechendes: Das organische Lernen ist ein kontinuierlicher Prozess, d.h. ein Kind lernt nicht nur an einer Stunde oder an wenigen Stunden pro Woche laufen, sondern so oft, wie es Gelegenheit dazu hat. Würden Eltern ihrem Kind tatsächlich nur an einer Stunde oder an wenigen Stunden pro Woche ihre Unterstützung beim Laufenlernen anbieten und es in der übrigen Zeit an Laufversuchen hindern, dann würde sich der Entwicklungsprozess wesentlich verlängern. Hat es diese Funktion einmal aufgebaut, dann lernt es nicht mehr Laufen, sondern wendet sich dem Aufbau einer höheren Funktion (z.B. Rollschuh- oder Stelzenlaufen) zu, für die es die schon gelernte Funktion benötigt.

In der Sitzung der Funktionalen Integration® wird dem Säugling oder Kind zunächst ein Wohlgefühl vermittelt, so dass es seine Aufmerksamkeit auf sich, seinen Körper und seine (Bewegungs-)Absichten lenken kann. Ein Schlüsselelement hierbei ist das Entspannen der Nackenmuskulatur. In diesem Wohlgefühl reagiert das Kind auf (An-)Reize, die sein Interesse auf das Geschehen in sich und um sich herum wecken. Ohne dieses grundlegende Interesse kann kein Lernen auf funktionaler Ebene entstehen.

Charlotte

Das Kind zeigt sein Interesse durch seine Bewegungsabsicht:
Bewegt sich beispielsweise die Mutter aus dem Sichtbereich des Kindes und verfolgt das Kind ihre Bewegung mit den Augen so weit wie möglich, so ist anzunehmen, dass das Kind das Interesse hat seine Mutter wieder sehen zu können. Reicht die Augenbewegung nicht aus und dreht das Kind sich dennoch nicht mit dem ganzen Körper zu seiner Mutter um, ist es nun die Aufgabe des Feldenkrais-Lehrer zu erkennen, wodurch das Kind daran gehindert wird seine Absicht zu verwirklichen:
Möglicherweise ist eine niedrigere Funktion, die hierfür notwendig ist, nicht vorhanden. Dann ist es erforderlich zuerst diese benötigte Funktion (z.B. die Kopfdrehung oder die Hüftdrehung oder beide) aufzubauen.
Oder es liegt an Verspannungen an unterschiedlichen Stellen des Körpers, wo Beuge- und Streckmuskeln gegeneinander arbeiten. Dann muss das Nervensystem zunächst lernen die abwechselnde Aktivität von Beuge- und Streckmuskeln zu optimieren, so dass weniger Muskelanspannung erforderlich ist um das Ziel zu erreichen.
Oder das Kind nimmt einzelne Körperteile nicht wahr, die es für die Bewegung benötigt,...
Oder...

Der Verlauf der Sitzung orientiert sich individuell an den aktuellen Bewegungsabsichten des Kindes. Die Berührung des Feldenkrais-Pädagogen empfindet das Kind als Unterstützung seiner Absichten. Der Fortschritt, dass es sein Ziel mit größerer Leichtigkeit erreichen kann, erfreut das Kind und ermuntert es neue Erfahrungen mit diesem Bewegungsablauf zu machen und ihn dadurch zu optimieren.

"Weder korrigiere ich, noch heile oder unterrichte. Ich schaffe nur die notwendigen Bedingungen, in denen jemand lernen kann."

(Moshé Feldenkrais)