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Feldenkrais in Bewegung
Paul Doron Doroftei
 
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Das Menschenbild

Absichten

Die Feldenkrais-Einstellung geht von der Annahme aus, dass jedes lebende Wesen auf ein Ziel hin handelt - bewusst sowie unbewusst. Jedes lebende Wesen hat demnach eine bestimmte Absicht, deren Erfüllung zu einer wie auch immer gearteten Befriedigung führt.

Funktionale Betrachtung

Grundlegend ist in der Feldenkrais-Methode® das funktionale Verständnis des Menschen und seines Verhaltens. Die Feldenkrais-Methode® fasst den menschlichen Organismus als einen Komplex von Funktionen (wie kriechen, krabbeln, sich von der Bauch- in die Rückenlage drehen, stehen, gehen, auf einem Bein stehen oder springen u.s.w.) und als Produkt dieser Funktionen auf und nicht als einen Komplex von Organen oder Reflexen.

Das Skelett wird nicht als eine Ansammlung von Knochen betrachtet; vielmehr steht im Vordergrund, dass es die Funktion hat, den Körper zu stützen. Darin unterscheidet es sich von den Muskeln, deren Funktion es ist Bewegungen durch An- und Entspannung auszuführen. Das Nervensystem wiederum steuert die Muskeln und dadurch die Bewegungen.

Neben der Funktion zu stützen zeigt das Skelett die äußersten Grenzen der Beweglichkeit des Körpers auf. Dies hilft in der Anwendung der Feldenkrais-Methode® sich eine klarere Vorstellung davon zu machen, inwiefern und wo ungewollte Muskelverspannungen die Beweglichkeit gegenüber den anatomischen Möglichkeiten des Skeletts einschränken.

Entwicklungsgeschichte der Funktionen

Das menschliche Nervensystem wurde im Laufe der Entwicklungsgeschichte mit Grundfunktionen ausgerüstet, die für das Überleben und für die Entwicklung des Individuums (ontogenetisches Lernen) wie der Spezies (phylogenetisches Lernen) verantwortlich sind. Aus diesen Urfunktionen (wie z.B. der Fähigkeit, der Schwerkraft entgegenzuwirken, oder auf eine Reizquelle zu reagieren) entwickelten und entwickeln sich auch heute noch weitere Funktionen, deren Aufgabe es ist die Überlebens- und Entwicklungsfähigkeiten zu verfeinern und zu vervollkommnen.

Eine Funktion ist die im und vom Nervensystem erarbeitete Bereitschaft durch ein bestimmtes, den Forderungen der Umwelt angepasstes Verhaltensmuster das Überleben und die Entwicklung der Spezies und des Individuums zu sichern.

Die Fähigkeit oder Unfähigkeit, eine Bewegung oder Handlung auszuführen, ist hauptsächlich durch die Entwicklungsstufe jener Funktion bedingt, welche die jeweilige Bewegung oder Handlung erfordert und nicht, wie es die allgemein übliche Auffassung ist, durch den "guten" oder "schlechten" Zustand des ausführenden Organs. Vielmehr kann dieser "gute" oder "schlechte" Zustand selbst eine Folge der richtigen oder fehlerhaften Anpassung an die Umweltbedingungen sein - und somit in umgekehrter Folge, mit der Verbesserung der Funktion, verbessert und geheilt werden.

Jede höhere Funktion setzt das Vorhandensein einer entsprechenden niedrigeren voraus: Um stehen zu können muss man erst krabbeln lernen; um krabbeln zu können muss man erst andere, grundlegendere Funktionen beherrschen, z.B. die Fähigkeit sich von der Bauch- in die Rückenlage und umgekehrt zu drehen.

Es ist bekannt, dass die auf einer höheren Stufe der Entwicklungsgeschichte entstandenen Funktionen angreifbarer und unzuverlässiger sind als die auf einer sehr frühen Stufe entwickelten. Je neuer, komplizierter und spezialisierter eine (in erster Linie vom Individuum entwickelte) Funktion ist, um so leichter kann sie gestört, zerstört, oder mit parasitären Komponenten beladen werden, im Gegensatz zu den Grundfunktionen - über die die Spezies verfügt.

In schwierigen physischen oder emotionalen Situationen - wie auch in ungewohnten, überraschenden - neigt man dazu, sich urtümlicherer Verhaltensmuster zu bedienen, die einer niedrigeren Stufe in der Entwicklungsgeschichte entsprechen, als eher hochspezialisierter. In Augenblicken der Lebensgefahr greift das Nervensystem dem Erhaltungstrieb folgend nicht auf komplizierte, relativ langsam in Bewegung zu bringende, für Fehler anfällige neue Funktionen, sondern immer auf die ältesten in unserem Gehirn zurück.

Die Schwerkraft

Notwendige Voraussetzungen für eine normale funktionale Entwicklung des Säuglings sind die Selbstwahrnehmung (das Spüren des eigenen Körpers) und die Wahrnehmung der auf ihn wirkenden Schwerkraft. Der allererste Reiz, ohne den es eine für uns normale Entwicklung nicht gäbe, ist der Reiz der Schwerkraft. Sie bestimmt unsere physische Entwicklung als Individuen wie als Spezies, während sich unser psychischer Werdegang seine Engpässe, Niederlagen und Beeinträchtigungen unter anderem kinästhetisch in einer mangelhaften Anpassung an ihre Gesetze spiegelt.

Durch das Empfinden der Schwerkraft an den verschiedenen Gliedern seines Körpers erlernt ein gesunder Säugling die Regulierung der Muskelspannung, die für die Ausführung willentlicher und gezielter Bewegungen notwendig ist. Ein gesunder Säugling braucht einige Wochen bis er sich mit der Schwerkraft vertraut macht, um in diesem Feld den Zusammenhang zwischen Selbstempfindung, Schwerkraftempfindung und Bewegung erforschen zu können. Nur das Zusammenspiel dieser drei Elemente kann zu einer gesunden funktionalen Entwicklung des Säuglings führen.

Ein vollkommen verkannter, unser Bewegungsverhalten nichtsdestoweniger bestimmender Faktor ist das Schwerkraftfeld und unsere angemessene oder mehr schlechte als rechte Anpassung an es. Das Stehen und das Gehen eines Menschen, um nur die grundlegendsten und für eine selbständige Existenz notwendigsten Funktionen zu erwähnen, werden im Laufe der Kindheit und auch später im Leben von entwicklungs- und funktionswidrigen, diese Funktionen missbrauchenden Bedingungen - wie unnatürlich langes Stillbleiben, im Stehen oder im Sitzen, Schultaschen tragen, etc. - stark beeinträchtigt. Es entstehen Abweichungen von der gesunden Haltung des Körpers im Schwerkraftfeld, d.h. von der Körperhaltung, so wie sie bei einem Kleinkind mit einer ungestörten Entwicklung spätestens im zweiten Lebensjahr, "frisch" nach der vollständigen Inanspruchnahme der oben genannten Funktionen, zu sehen ist.

Ein optimal an die Schwerkraft angepasstes Nervensystem würde jede Bewegung in der Art ausführen, dass das Skelett, durch die räumliche Anordnung seiner Teile und mit nur minimaler Muskelarbeit, das Gewicht des Körpers trüge. Die Muskeln haben in der Tat hauptsächlich die Funktion, die verschiedenen Bewegungen - mit anderen Worten die Übergänge von einer Stellung zur nächsten - so auszuführen, dass dieser ideale Zustand erhalten und der Körper ständig im Gleichgewicht bleibt.

Überflüssige Spannungen in den verschiedenen Muskeln sind somit ein Ausgleich für eine mangelhafte Anpassung des Nervensystems an die Schwerkraft. Die Gründe dafür können sehr verschieden sein; die von der Cerebral-Parese im Nervensystem verursachten Störungen sind einer davon. Sie sind das Haupthindernis für schnelle, leichte und präzise Bewegungen, wichtiger Bestandteil vieler psychosomatischer Krankheitssyndrome und die nicht immer erkannte Ursache vieler Beschwerden des Bewegungsapparates.

Gesundheit bedeutete für Moshe Feldenkrais, die verborgensten Träume verwirklichen zu können

Man kann behaupten, dass der Zustand von Gesundsein ein Zustand von höchster Freiheit in Entfaltung, Aktion und Ausdruck bedeutet. Hier liegt der Unterschied zwischen dem Holz eines lebenden Baumes und dem gleichen Holz als Möbel, zwischen einem lebendigen Tier, das frei und in seiner natürlichen Umgebung lebt, und dem gleichen Tier als Fell oder ausgestopft, oder zwischen einem Menschen, der sich nach Herzenswunsch bewegen und handeln kann, und dem gleichen Menschen, der gelähmt im Komazustand liegt.

Bewegungen und Handlungen, die wir ausführen, ohne dies auch zu wollen, sondern nur, weil die Umstände, seien sie äußerlicher oder innerlicher Natur, uns dazu zwingen, sind kein Beweis für unsere Lebendigkeit, sondern im Gegenteil, sie bedeuten Verlust am eigenen Leben, da sie nicht unseren Absichten entsprechen.

Man kann beiläufig bemerken, dass alles, was nicht zweckmäßig ist, krankhaft wirkt und so eingestuft wird. Dem liegt die oft unbewusste Erkenntnis zugrunde, dass Gesundheit Anpassung an die Forderungen der Umwelt - der äußeren wie der inneren - bedeutet. Wo nun die Störung lokalisiert und mit welchen Mitteln die erforderliche Anpassung erreicht wird, darin unterscheidet sich die funktionell arbeitende Feldenkrais-Methode® von den meisten klassischen Therapie-Methoden, in denen die Besserung vom Menschen meist lokal und passiv erlebt wird, so dass es auch leicht zu Rückfällen kommt.