Logo  
Feldenkrais in Bewegung
Paul Doron Doroftei
 
Telefon:  Kontakt: Kontaktformular
Feldenkrais-Methode Behinderte Kinder Über mich Referenzen Kontakt  
  

Die Feldenkrais-Methode® leitet einen organischen Lernprozess ein

Die Feldenkrais-Methode® gründet ihre Arbeitsweise auf die Gesetze der menschlichen Entwicklung im Säuglings- und Kindesalter. Diesen Entwicklungsprozesses bezeichnet Moshe Feldenkrais als organisches Lernen.

"Organisches Lernen ist individuell und geht ohne einen Lehrer vor sich, der etwa in einer bestimmten Zeit zu bestimmten Ergebnissen gelangen möchte. Es dauert so lange, wie der Lernende beim Lernen bleibt.
Dieses organische Lernen ist langsam und kümmert sich nicht um die Bewertung (oder "Diagnose", P.D.) etwaiger Ergebnisse als gut oder schlecht. Es hat keinen erkennbaren Zweck, kein Ziel. Es wird einzig von dem Gefühl der Befriedigung gelenkt, das sich einstellt, wenn jeder neue Versuch als weniger ungeschickt empfunden wird als der vorangegangene, weil jetzt ein kleiner Fehler vermieden wurde, der zuvor als unangenehm oder als hinderlich empfunden worden war."

(Moshe Feldenkrais, Die Entdeckung des Selbstverständlichen, S. 59)

Obwohl das Ergebnis ihrer Anwendung Heilung bzw. Linderung ist, ist sie ihrer Satzung nach keine Therapie sondern eine Lernmethode, freilich eine, mit deren Hilfe man oft lernt gesund zu werden.

"Heilen" kann man als passiven Vorgang verstehen, dem man sich ohne die Möglichkeit zu einer aktiven Teilnahme unterzieht, wie zum Beispiel wenn eine Wunde heilt. "Heile machen" sagt man auch, wenn man an einem Gegenstand das "kaputte" Teil wieder in Ordnung bringt.

Um eine Verbesserung zu erzielen, bringt die Feldenkrais-Methode® einen aktiven Lern- und Umlernprozess in Gang anstatt sich mit den beschädigten Organen oder mangelhaften Verhaltensmustern als solchen zu beschäftigen.

In der Feldenkrais-Methode® tritt man durch Verfahren, die in den Erkenntnissen zur funktionalen Entwicklung des Nervensystems gründen, in einen differenzierten, inhalts- und austauschreichen kinästhetischen Dialog mit dem Nervensystem ein. Sinn dieses Dialogs ist es das Nervensystem zu befähigen, die Hindernisse, die die Ausführung einer Funktion erschweren oder unmöglich machen, als das zu erkennen, was sie tatsächlich sind: Begleiterscheinungen eines Verhaltensmusters, das seinem Zweck nicht angemessen ist. Im Sinne der jedem Nervensystem innewohnenden Strebung nach ökonomischem Funktionieren und im Sinne der Fähigkeit jedes Nervensystems, sich den Weg eines ökonomischeren Funktionierens zu eigen zu machen, wenn es ihn erkennt, ist das Ergebnis dieses Dialogs das Beseitigen der Hindernisse.

Eine Funktion wird im Nervensystem durch einen stetigen Optimierungsvorgang aufgebaut: das heißt durch eine sich immer geschickter gestaltende Anpassung der verfügbaren Mittel an den angestrebten Zweck.

Solange ich es als Feldenkrais-Pädagoge mit lebendigen Individuen zu tun habe, wende ich mich in allererster Linie an das Wahrnehmungsvermögen der Person und nicht an seine Knochen, Gelenke oder Muskeln als solche.

Wahrnehmen und Empfinden der behandelten Person müssen in den therapeutischen Prozess einbezogen werden.

In meiner Arbeit richte ich mich selbstverständlich nach den Problemen, die sich in den Muskeln, Gelenken bzw. in der Bewegungsausführung als Symptome äußern, dies aber nur mit der Hilfe und von der Ebene der Wahrnehmung der Person aus, die meine Hilfe sucht.

Genauso wie man das Klavier- oder das Geigenspiel oder das Tanzen auf dem Boden oder auf einem Seil nicht reflektorisch aufbauen und sich aneignen kann, setzt die Verbesserung einer Funktion wie z.B. das Laufen oder die Fähigkeit, ein Gelenk zu öffnen und zu schließen, die Wahrnehmung und die Aufmerksamkeit des Individuums voraus. Es setzt seine Einschätzungsfähigkeit im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Wahlmöglichkeiten zwischen einer schlechten, einer guten und einer besseren Option voraus. Durch den Entwicklungsprozess bedingt befindet sich die Qualitätseinstufung dieser Optionen in einem sich dauernd und fortschreitend ändernden, gegenseitigen Relativierungsprozess: Was in einem bestimmten Moment eine Besserung bedeutet, kann aus dem Standpunkt eines späteren Stadiums als Stillstand oder Rückschritt erscheinen.

Ob man hoch differenzierte Funktionen wie ein Musikinstrument spielen, auf dem Seil tanzen u.s.w. lernen und entwickeln will oder "nur" kriechen, krabbeln, auf den Beinen stehen oder gehen, in allen Fällen benötigt man die individuelle Aufmerksamkeit und die aktive Teilnahme des Individuums, die alle eine viel komplexere, höhere Entwicklungsstufe unseres Nervensystems in Anspruch nehmen als die der reflektorischen Ebene.

Fremd- und Selbstbeobachtung

Nicht ausschließlich oder hauptsächlich wissenschaftlich medizinische Befunde, Fakten, Diagnosen oder statistische Erkenntnisse werden in der Feldenkrais-Methode® als Behandlungs- oder Unterrichtskriterien gebraucht - Dinge, die meistens sehr wenig helfen, sich mit einem Individuum und seinem individuellen Lern- und Entwicklungsprozess auseinanderzusetzen, und die sich sehr oft außerhalb eines solchen Prozesses befinden. Vielmehr werden all diese in der Physiotherapie benutzten Behandlungsfaktoren in der Auseinandersetzung mit der Behinderung eines Menschen durch die vom Feldenkrais-Lehrer eingeleitete Selbstwahrnehmung des behinderten Menschen ersetzt.

Diese Selbstwahrnehmung ermöglicht eine andere Art der Diagnostik: Es ist diejenige Diagnostik, die es erlaubt, während des Veränderungs- und Verbesserungsprozesses die Verbesserungsmaßnahmen optimal den tatsächlichen, aktuellen Erfordernissen und Bedürfnissen des Individuums anzupassen. In der Feldenkrais-Methode® ist diese Diagnostik, d.h. die Beobachtung des Feldenkrais-Lehrers und die Selbstbeobachtung des Schülers, ein wichtiger und untrennbarer Teil des Verbesserungsprozesses.

Auch in den schwierigsten Fällen, wie beispielsweise bei Koma-Patienten, wird man anstatt den Menschen aus der Perspektive einer pauschalisierenden, anonymisierenden Diagnostik - Prognosen inbegriffen - zu betrachten, nach möglichen, individuellen Lösungen durch winzige Schritte, nicht auf ein zeitlich festgelegtes Ziel hin, sondern aus der tatsächlichen Lage heraus, suchen. Eine solche Art Diagnostik beschäftigt sich vielmehr mit der Suche nach dem, was in jedem Augenblick eine Verbesserung ermöglicht, mit der Suche nach der - immer fördernden - Leichtigkeit im Befinden des betroffenen Menschen, als danach, bestimmte Behinderungszustände in Begriffen festzulegen.

Das ist der Grund, warum die Feldenkrais-Methode® auf ein Individuum angenehm wirkt: Sie wird von ihm und seinem Nervensystem angenommen, weil sie Wege zur Erweiterung des individuell Möglichen findet, statt das noch Unmögliche zu verlangen. In der Anwendung der Feldenkrais-Methode® ändert sich das Befinden des Lernenden ständig und die vor fünf Minuten getroffene "Diagnose" hat für die Praxis im jetzigen Augenblick schon ihre Relevanz verloren: In Bezug auf den sich ständig verändernden Zustand des Patienten/Schülers ist jene als "Schnee von gestern" zu betrachten. Zum Beispiel: Ein am ganzen Körper stark spastisches Kind wird während der Behandlung "weiche" und nun in vielen vorhin noch undenkbaren Richtungen bewegliche Beine bekommen - oder bewegliche Arme, oder hauptsächlich ein Arm oder ein Bein wird beweglich oder überhaupt der Rumpf.

Man muss sich hauptsächlich an seiner Empfindungs- und Bewegungssprache und nicht nur an seinem Krankheitsbild orientieren können, um zu verstehen, wo und was man jeweils ansetzen muss um dem veränderten "Behinderungsprofil" im Sinne einer weiteren Verbesserung gerecht zu werden und der schon erreichten Verbesserung zur Integration im gesamten Bewegungsvokabular zu verhelfen. Gerade die Fähigkeit, die Behandlungs- und Umgangsstrategie diesem sich ständig ändernden Profil im Befinden eines Menschen anzupassen, gibt der Feldenkrais-Sitzung ihren individuellen Charakter. Die Lernenden lernen mit Hilfe der vom Feldenkrais-Pädagogen erweckten Selbstbeobachtung mit sich selbst in einer Art "individuell" umzugehen, die sie sehr oft nicht gewohnt sind wegen des leistungsgerichteten Aktionismus in Erziehung, Therapie, u.s.w.. Im Feldenkrais Unterricht lernt man zuerst aufzuhören, sein eigener Gladiator zu sein.

Wie jede wahre Kunst hat die Feldenkrais-Methode® ihre präzisen Regeln, ihre Grammatik, ohne deren Kenntnis ihre Anwendung nicht denkbar wäre. Um ihr Wirkungspotential auszuschöpfen wird sie indessen, dem künstlerischen Prozess gleich, nicht nach im voraus vorgegebenen Vorschriften und Abspulprogrammen, sozusagen nach einem "Rezept" (beim Symptom "X" macht man so und beim Symptom "Y" macht man anders) praktiziert werden können. Die hier unabdingbaren Flexibilität und Kreativität des Anwenders in Bezug auf die Bedürfnisse der organisch lernenden Person entstehen nur durch Selbsterfahrung.